Discussion:
Obduktion
(zu alt für eine Antwort)
Stefan Schmitz
2016-02-11 21:26:14 UTC
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Habe eben von folgendem Fall gehört:

Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die anderen
Geschwister wollen das nicht.

Wer darf entscheiden? Wer zahlt bei Durchführung?
Wolfgang Schreiber
2016-02-12 13:40:48 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Wer darf entscheiden?
Gute Frage...

Der/Die Erben. Wenn es kein Testament gibt, die gesetzlichen Erben. Wenn
die sich nicht einig sind, s.o..
Post by Stefan Schmitz
Wer zahlt bei Durchführung?
Der/Die Auftraggeber?

VG & IANAL
Wolfgang
Stefan Schmitz
2016-02-12 15:15:44 UTC
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Post by Wolfgang Schreiber
Post by Stefan Schmitz
Wer darf entscheiden?
Gute Frage...
Der/Die Erben. Wenn es kein Testament gibt, die gesetzlichen Erben. Wenn
die sich nicht einig sind, s.o..
So kurz nach dem Tod ist meist noch gar nicht klar, ob es überhaupt ein
Testament gibt.

Hab jetzt die passende Regelung gefunden:
Nach § 10 BestG NRW ist ohne schriftliche Erklärung analog § 4 TPG zu verfahren.
Das bedeutet, eine Obduktion ist möglich, wenn der nächste Angehörige zustimmt.
Bei mehreren gleichnahen reicht es, wenn einer davon gefragt wird. Erfährt
der Arzt aber vom Widerspruch eines nächsten Angehörigen, geht es nicht.
Post by Wolfgang Schreiber
Post by Stefan Schmitz
Wer zahlt bei Durchführung?
Der/Die Auftraggeber?
Oder der Erbe.
Thomas Hochstein
2016-02-13 20:33:33 UTC
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Post by Wolfgang Schreiber
Post by Stefan Schmitz
Wer darf entscheiden?
Gute Frage...
Der/Die Erben.
Welche Beziehung soll das Todensorgerecht (und die Bestattungspflicht)
denn zu der Erbenstellung haben, außer einem zufälligen Gleichlauf?
Wolfgang Schreiber
2016-02-15 10:54:42 UTC
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Post by Thomas Hochstein
Welche Beziehung soll das Todensorgerecht (und die Bestattungspflicht)
denn zu der Erbenstellung haben, außer einem zufälligen Gleichlauf?
Wie gesagt, IANAL. Sag Du's mir, ich lerne gerne hinzu.

VG
Wolfgang
Ludger Averborg
2016-02-15 10:28:25 UTC
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On Thu, 11 Feb 2016 13:26:14 -0800 (PST), Stefan Schmitz
Post by Stefan Schmitz
Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die anderen
Geschwister wollen das nicht.
Ein Verstorbener ist doch keine Sache, über die die Erben
einfach so verfügen können.
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann. Selbst die vom Arzt, der
den Totenschein ausgestellt hat, ermittelte Todesursache
wird den Hinterbliebenen nicht mitgeteilt, da sie der
ärztlichen Schweigepflicht unterliegt und die gilt auch über
den Tod hinaus. Das Interesse eines Angehörigen (oder einer
anderen Person -z. B. des behandelnden Arztes-) muss also
unbeantwortet bleiben.

Wenn eine Person vermutet, dass der Tot mit kriminellen
Handlungen zu tun hat, kann sie das der
Polizei/Staatsanwaltschaft mitteilen, die dann entscheidet
wie weiter vorgegangen wird.

l.
--
Stell Dir vor, es ist Terroralarm
und keiner geht hin!
Volker Englisch
2016-02-15 17:27:25 UTC
Permalink
Post by Ludger Averborg
On Thu, 11 Feb 2016 13:26:14 -0800 (PST), Stefan Schmitz
Post by Stefan Schmitz
Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die anderen
Geschwister wollen das nicht.
Ein Verstorbener ist doch keine Sache, über die die Erben
einfach so verfügen können.
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann. Selbst die vom Arzt, der
den Totenschein ausgestellt hat, ermittelte Todesursache
wird den Hinterbliebenen nicht mitgeteilt, da sie der
ärztlichen Schweigepflicht unterliegt und die gilt auch über
den Tod hinaus. Das Interesse eines Angehörigen (oder einer
anderen Person -z. B. des behandelnden Arztes-) muss also
unbeantwortet bleiben.
... es sei denn, der Arzt kommt zu dem Ergebnis, dass die Offenbarung
des Patientengeheimnisses im sog. mutmaßlichen Interesse des
Verstorbenen ist. Dieser im Einzelfall festzustellende Wille kann
dadurch geprägt sein, dass das [zu Lebzeiten bestehende] Interesse des
Verstorbenen an der Geheimhaltung erloschen sein kann. OLG Naumburg,
VersR 2005, 817).
Post by Ludger Averborg
Wenn eine Person vermutet, dass der Tot mit kriminellen Handlungen zu
tun hat, kann sie das der Polizei/Staatsanwaltschaft mitteilen, die
dann entscheidet wie weiter vorgegangen wird.
Korrekt. In dem Fall, in dem ich mal zugegen war, hatte der Arzt, der
den Tod festgestellt hat, selbständig die Polizei hinzugerufen.

V*
Thomas Hochstein
2016-02-16 21:50:41 UTC
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Post by Volker Englisch
Korrekt. In dem Fall, in dem ich mal zugegen war, hatte der Arzt, der
den Tod festgestellt hat, selbständig die Polizei hinzugerufen.
Selbstverständlich. Dazu ist er bei nicht-natürlichem oder ungeklärtem
Tod verpflichtet.
Frank Kozuschnik
2016-02-15 23:21:04 UTC
Permalink
Post by Ludger Averborg
Post by Stefan Schmitz
Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die
anderen Geschwister wollen das nicht.
Ein Verstorbener ist doch keine Sache, über die die Erben
einfach so verfügen können.
So weit richtig.
Post by Ludger Averborg
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann.
Welche Rechtsnorm sollte das verbieten?

Als Strafvorschrift kommt § 168 StGB in Betracht (Störung der
Totenruhe). "Berechtigt" in diesem Sinn ist der Totensorgeberechtigte.
Der Totensorgeberechtigte muss einer Obduktion zustimmen. Wieso sollte
er sie dann nicht auch direkt in Auftrag geben können?

Problematisch ist allerdings, wenn es mehrere Totensorgeberechtigte
gibt, die verschiedener Meinung sind. Solange nicht alle gemeinsam
zustimmen, dürfte die Obduktion unzulässig sein.
Post by Ludger Averborg
Selbst die vom Arzt, der den Totenschein ausgestellt hat,
ermittelte Todesursache wird den Hinterbliebenen nicht
mitgeteilt, da sie der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt
und die gilt auch über den Tod hinaus.
Der Arzt behandelt die genaue Todesursache vertraulich – mit Rücksicht
auf das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Wieso sollte
das bei einer Obduktion nicht genauso möglich sein? Der Arzt, der die
Obduktion durchführt, muss den Hinterbliebenen ja nicht jedes Detail
seiner Untersuchungsergebnisse mitteilen.
Ludger Averborg
2016-02-16 08:12:15 UTC
Permalink
On Tue, 16 Feb 2016 00:21:04 +0100, Frank Kozuschnik
Post by Frank Kozuschnik
Post by Ludger Averborg
Post by Stefan Schmitz
Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die
anderen Geschwister wollen das nicht.
Ein Verstorbener ist doch keine Sache, über die die Erben
einfach so verfügen können.
So weit richtig.
Post by Ludger Averborg
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann.
Welche Rechtsnorm sollte das verbieten?
Als Strafvorschrift kommt § 168 StGB in Betracht (Störung der
Totenruhe). "Berechtigt" in diesem Sinn ist der Totensorgeberechtigte.
Der Totensorgeberechtigte muss einer Obduktion zustimmen. Wieso sollte
er sie dann nicht auch direkt in Auftrag geben können?
Problematisch ist allerdings, wenn es mehrere Totensorgeberechtigte
gibt, die verschiedener Meinung sind. Solange nicht alle gemeinsam
zustimmen, dürfte die Obduktion unzulässig sein.
Post by Ludger Averborg
Selbst die vom Arzt, der den Totenschein ausgestellt hat,
ermittelte Todesursache wird den Hinterbliebenen nicht
mitgeteilt, da sie der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt
und die gilt auch über den Tod hinaus.
Der Arzt behandelt die genaue Todesursache vertraulich – mit Rücksicht
auf das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Wieso sollte
das bei einer Obduktion nicht genauso möglich sein? Der Arzt, der die
Obduktion durchführt, muss den Hinterbliebenen ja nicht jedes Detail
seiner Untersuchungsergebnisse mitteilen.
Ich kapiere nicht so richtig, wieso jemand eine Obduktion in
Auftrag geben soll, wenn er dann die Ergebnisse nicht
erfährt. Welchem Zweck soll die Obduktion denn sonst dienen?

l.
--
Stell Dir vor, es ist Terroralarm
und keiner geht hin!
David Seppi
2016-02-16 16:07:06 UTC
Permalink
Post by Ludger Averborg
Ich kapiere nicht so richtig, wieso jemand eine Obduktion in
Auftrag geben soll, wenn er dann die Ergebnisse nicht
erfährt. Welchem Zweck soll die Obduktion denn sonst dienen?
Feststellen ob Fremdverschulden vorliegt. Dazu muß man ja nicht
die genaue Todesursache erfahren.
--
David Seppi
1220 Wien
Ludger Averborg
2016-02-16 16:43:38 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by Ludger Averborg
Ich kapiere nicht so richtig, wieso jemand eine Obduktion in
Auftrag geben soll, wenn er dann die Ergebnisse nicht
erfährt. Welchem Zweck soll die Obduktion denn sonst dienen?
Feststellen ob Fremdverschulden vorliegt. Dazu muß man ja nicht
die genaue Todesursache erfahren.
Bei einem solchen Verdacht würde ich die Staatsanwaltschaft
einschalten und nicht einen Privatermittler.

l.
--
Stell Dir vor, es ist Terroralarm
und keiner geht hin!
David Seppi
2016-02-16 16:47:03 UTC
Permalink
Post by Ludger Averborg
Bei einem solchen Verdacht würde ich die Staatsanwaltschaft
einschalten und nicht einen Privatermittler.
Das wird wohl in vielen Fällen auch getan. Wenn die aber zu wenig Anlaß
für eine Obduktion sieht, dann wollen manche Leute halt nicht daran
glauben und sorgen selbst für die Obduktion. Manchmal durchaus
berechtigt, manchmal auch nicht.
--
David Seppi
1220 Wien
Thomas Hochstein
2016-02-16 21:50:41 UTC
Permalink
Post by Ludger Averborg
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann.
Warum denn nicht? Wer sonst sollte eine klinische Sektion zur Klärung
der genauen Todesursache in Auftrag geben, wenn nicht die behandelnden
Ärzte (aus medizinischen Gründen) oder die Angehörigen, beides
regelmäßig Privatleute?
Post by Ludger Averborg
Selbst die vom Arzt, der
den Totenschein ausgestellt hat, ermittelte Todesursache
wird den Hinterbliebenen nicht mitgeteilt, da sie der
ärztlichen Schweigepflicht unterliegt und die gilt auch über
den Tod hinaus.
Sie gilt aber eher nicht gegenüber Toten.
Post by Ludger Averborg
Das Interesse eines Angehörigen (oder einer
anderen Person -z. B. des behandelnden Arztes-) muss also
unbeantwortet bleiben.
Regelmäßig ist dem nicht so.

-thh
U***@web.de
2017-04-08 15:53:32 UTC
Permalink
Moin,
Post by Thomas Hochstein
Post by Ludger Averborg
Ich denke nicht, dass eine Privatperson die Obduktion eines
Verstorbenen in Auftrag geben kann.
Warum denn nicht? Wer sonst sollte eine klinische Sektion zur Klärung
der genauen Todesursache in Auftrag geben, wenn nicht die behandelnden
Ärzte (aus medizinischen Gründen) oder die Angehörigen, beides
regelmäßig Privatleute?
Auch wenn es jetzt schon etwas her ist: der Staatsanwalt.

Gruß, ULF
Thomas Hochstein
2017-04-09 19:53:23 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Thomas Hochstein
Warum denn nicht? Wer sonst sollte eine klinische Sektion zur Klärung
der genauen Todesursache in Auftrag geben, wenn nicht die behandelnden
Ärzte (aus medizinischen Gründen) oder die Angehörigen, beides
regelmäßig Privatleute?
Auch wenn es jetzt schon etwas her ist: der Staatsanwalt.
Das wäre dann aber keine klinische, sondern eine gerichtliche Sektion,
bei der es auch nur indirekt um die Todesursache, primär aber um die
Frage eines Fremdverschuldens geht.

Thomas Hochstein
2016-02-16 21:50:41 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Eine unverheiratete Person ohne Kinder und Eltern stirbt plötzlich.
Ein Bruder möchte zur Klärung der Todesursache eine Obduktion, die anderen
Geschwister wollen das nicht.
Wer darf entscheiden? Wer zahlt bei Durchführung?
Es zahlt der, der bestellt.

Ansonsten ist die Rechtslage bei klinischen Sektionen m.W. alles
andere als eindeutig. Den - m.W. seitdem wenig veränderten - Stand
von 2005 hat die BÄK in
<http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/AutLang.pdf>,
dort Kapitel 5 ab S. 22, zusammengestellt.

In BW gibt es AFAIS keinerlei explizite Regelung im Bestattungsrecht,
sondern nur Satzungsrecht der Ärztekammer, das die ärztliche
Beraufsausübung regelt, nämlich die Sektionsrichtlinie (Anhang 3 zur
Berufsordnung), vgl.
<https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/40merkblaetter/20recht/05kammerrecht/bo.pdf>.

Demnach gilt:
| I. KLINISCHE SEKTION
[...]
| 2. Voraussetzungen
|
| (1) Die Durchführung einer klinischen Sektion setzt voraus:
|
| 1. die Einwilligung der verstorbenen Person oder ihrer nächsten
| Angehörigen oder einer von der verstorbenen Person bevollmächtigten
| Person oder mehrerer solcher Personen und
| [...]
| (4) Bei Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung der Sektion
| zwischen nächsten Angehörigen und der bevollmächtigten Person oder
| den bevollmächtigten Personen ist die Entscheidung der
| bevollmächtigten Person oder der bevollmächtigten Personen maßgebend.
| Bei Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung der Sektion unter
| den nächsten Angehörigen gleichen Grades ist die Sektion unzulässig.
|
| (5) Nächste Angehörige sind in der Reihenfolge Ehegatte oder
| Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, volljährige
| Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, die Person, die mit der
| verstorbenen Person in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
| gelebt hat, soweit im Behandlungsvertrag nicht etwas anderes bestimmt
| ist.

Der Landesgesetzgeber äußert sich nur sehr indirekt zu der Frage. Er
legt nämlich in der aufgrund des BestattG erlassenen BestattVO die
Vordrucke für die Leichenschau fest. Das Decklatt, Anlage 1 zur
BestattVO, sieht so aus:
<Loading Image...>

Dort finden sich unter "Obduktion" Erläuterungen zur klinischen
Sektion.

Grüße,
-thh
--
Ressourcen für eine fruchtbringende Diskussion in de.soc.recht.ALL:
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
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